Offener Brief an Alexander Föhr MdB
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Föhr, lieber Alexander,
wie einige andere Unionsabgeordnete auch erhalten Sie heute einen offenen Brief aus Ihrem Wahlkreis zu einem Thema, das vielen Menschen große Sorgen macht. Heute wird es — explizit mit Billigung Ihres Kanzlerkandidaten — eine Mehrheit im Bundestag durch Rechtsextreme geben. Er plant heute zwei Anträge und am Freitag einen Gesetzesentwurf zur Migrationspolitik einzubringen.
Wenn man Anträge einbringt, hat man keinen Einfluss darauf, wer ihnen zustimmt. Bisher war es aber gute Tradition unter Demokraten, Anträge dann nicht einzubringen, wenn die AfD ausschlaggebend für die Mehrheit sein könnte. Genau deshalb kündigte Friedrich Merz bei seiner Rede im Bundestag am 13.11.2024 an, vor der Aufsetzung eines Tagesordnungspunkts stets das Gespräch mit den demokratischen Parteien zu suchen, um zu verhindern „dass auch nur ein einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da von der AfD zustande kommt.“*
Diese Zusage gilt nun nicht mehr. Das halte ich und das halten viele andere SPD-Bundestagsabgeordnete und -kandidierende gemeinsam mit weiten Teilen der Bevölkerung für eine große Gefahr. Die Sozialdemokratie trägt durch ihr geschichtliches Erbe die vielbeschworene Brandmauer in ihrer DNA.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Föhr, seien Sie kein Teil dieser parlamentarischen Mehrheit. Wir alle, auch ich, sind entsetzt und erschüttert angesichts der fürchterlichen Tat in Aschaffenburg.
Wir sind uns nicht immer einig. Das ist in einer Demokratie legitim und ganz normaler Bestandteil des Parlamentarismus – aber wir sind beide stets daran interessiert, unserem Land und den Menschen, die in ihm leben, zu dienen. Jedoch: Wir dienen unserem Land und seinem Volk nicht, wenn wir uns Mehrheiten mit einer Partei verschaffen, die nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht.
Niemals mehr dürfen Mehrheiten mit Rechtsextremen in deutschen Parlamenten zustande kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Tim Tugendhat
* Zitat aus dem Protokoll des Deutschen Bundestags vom 13.11.2024